Stadt im Fluss

Emil Spiess - Havel mit Sportbooten
Emil Spiess - Havel mit Sportbooten - 1989 - Öl auf Hartfaser - 797x122 cm

Stadt im Fluss

Mit diesem Titel wirbt die Stadt um Touristen, denn Brandenburg liegt nicht nur an der Havel, sondern wirklich „im Fluss“. Im Stadtgebiet verzweigt sich die Havel in mehrere Arme und Kanäle, so dass einige Stadtteile auf Inseln liegen. Ohne Wasser war und ist die Stadt gar nicht denkbar.

1890 malte Getrud Körner das Becken der Stadtschleuse. Das Bild verarbeitet eines der typischen malerischen Motive der Stadt, das auch auf Ansichtskarten verbreitet war. Dennoch fällt schon hier ihre pasteuse Malweise mit dezenten Farbtönen auf, die damals 24-Jährige studierte bei Dettmann und Skarbina, zwei Gründungsmitgliedern der Berliner Sezession und galt in der Stadt als typische Impressionistin. Ihr Bild „Winter in der Stadt“ ist hingegen ein sehr ungewöhnlicher Ausschnitt des Jacobsgrabens aus ihrer Spätphase. Mit feinen Farbabstufungen, leuchtend blauen Akzenten, kräftigem Strich und die Flächen betonender Abstrahierung fängt sie die auf den ersten Blick farblose Winterstimmung meisterhaft ein. Dem selben Motiv an einem grauen Tauwettertag gibt sie mit einer Palette von gelb, braun und grau eine völlig andere Stimmung. Beide Bilder stehen in bester Tradition spätimpressionistischer Landschaftsansichten. Vier Jahre nach ihrem Tod beschreibt Otto Tschirch 1928 Getrud Körner im zweiten Band seiner Stadtgeschichte als „reichbegabte Landschaftsmalerin, … die mit männlicher Kraft die künstlerischen Stimmungen schaffend wiedergab, die märkische … Landschaften in ihr weckten.“

Gertrud Körner - Altes Schleusenbecken am Steintorturm
Gertrud Körner - Altes Schleusenbecken am Steintorturm - 1890 - Öl auf Leinwand - 52x66 cm

Nicht nur die Stadt ist im Fluss, auch die Kunst ist es. Dies zeigt deutlich Emil Spiess, der in Dresden studierte, 1966 in den Verband Bildender Künstler aufgenommen wurde und sich in der Stadt Brandenburg als freischaffender Maler niederließ. Über Jahrzehnte war es in der Stadt ein bekanntes Bild, wie Spiess bei jedem Wetter vor der Staffelei stand und mit Farbe, Leinwand und den Elementen kämpfte. Einer seiner Stammplätze war die Jahrtausendbrücke. Sein Bild „Sportboote auf der Havel“ ist ein Ausdruck expressiver dynamischer Bewegung. Die Havel beginnt durch die einheitlich kraftvoll gesetzte Strichrichtung scheinbar zu fließen. Emil Spiess ließ neben sich niemanden ohne Kritik, er war unter den anderen Künstlern in der Stadt durchaus umstritten und lebte im Grunde nur für seine Kunst. Sein malerisches Gesamtwerk ist beeindruckend und immens. Er experimentierte mit Formen, pasteusem Farbauftrag und expressivem Strich, nutzte sehr oft große Formate, hatte Sinn für Symbolik und fing auch düstere, leise Stimmungen ein. Jahrelang war Spiess ein Maler der DDR-Friedensfahrten. Spiess fand überall sein Motiv, seien es Landschaften, Menschen oder Dinge. Auch Soldaten und Arbeiter verstand er faszinierend umzusetzen. Dass er dabei im Auftrag und Sinne der DDR-Führung agierte, war für ihn zweitrangig.

Hubert Globisch - Am Mühlentor
Hubert Globisch - Am Mühlentor - 1980 - Öl auf Hartfaser - 49,8x64,9 cm

Über sein Bild Grabenstraße sagt Jan Beumelburg: „Mehr als 10 Jahre grenzte mein damaliger Wohnort in der Grabenstraße an den ‚Pumpergraben‘, und in manchen Sommernächten sangen dort die Nachtigallen, während man im Winter gute Chancen hatte, dort einem durchziehenden Eisvogel zu begegnen. Bei fast jedem Gang, den ich vom Gorrenberg kommend in meine Wohnung zurücklegte, blieb ich kurz auf der kleinen Brücke stehen, und mein Blick blieb hängen an dem dichten Gestrüpp und dem farbigen Blattwerk, das da den sanft gebogenen Flusslauf säumte und in jeder Jahreszeit ‚malerisch‘ aussah,- so sehr, dass ich beschloss, diesen Blick zu malen. Da sich die Landschaftsmalerei quasi von hinten herum, durch meine Kurse an der Volkshochschule, wieder in meine eigentliche künstlerische Arbeit hineingeschlichen hatte, die bis dahin aus eher konzeptioneller Kunst bestand, fühlte ich mich frei von jeglichem zeitgenössischem Anspruch. Meine zu dieser Zeit aufflammende Begeisterung für die ‚Plein-Air-Malerei‘ des ausgehenden 19. Jahrhunderts speist sich im Wesentlichen aus dem Umstand, dass hier, meiner Meinung nach, so ‚ideologiefrei‘ wie niemals zuvor und wie niemals wieder danach versucht wurde, sich der Landschaft zu nähern,- einfach nur sehend und fühlend…!“

Jan Beumelburg - Grabenstraße in Brandenburg
Jan Beumelburg - Grabenstraße in Brandenburg - Acryl auf Leinwand - 80x100 cm