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Sehnsucht und Obsession in

Bildern und Briefschaften

Jürgen Lutzens

28. April - 11. Juni 2017

Der Maler und Briefschreiber Jürgen Lutzens, 1941 in Brandenburg an der Havel geboren, arbeitete als Werbe- und Ausstellungsgrafiker. Künstlerisch bildete er sich als Autodidakt, indem er u. a. von ihm geschätzte Hallenser und Dresdner Maler in ihren Ateliers konsultierte.

Lutzens lyrische Brandenburger Landschaften zeigen in der Ausstellung im Stadtmuseum im Frey-Haus, wie er im Gefolge der halleschen Künstler zwischen Abstraktion und Realismus, in der Zeit zwischen 1965 und 70, ein Brandenburger Verwandter der halleschen Schule geworden ist. Bei den späteren kurvenreichen erotischen Frauendarstellungen huldigt J. L. die Weiblichkeit und formt die Frau als Ikone, angeregt von den jungsteinzeitlichen Idolen, der Aphrodite-Kallipygos, der römischen Leda von hinten bis zu modernen Zeugnissen. Obwohl seine Arbeiten Professionalität besitzen, wurde ihm die Aufnahme in den Verband Bildender Künstler der DDR mehrmals verweigert. Die Ausstellung vereint 15 Ölbilder und über 30 Zeichnungen aus dem Zeitraum von 1965 bis 1990 und gibt Einblick in Lutzens einstige Korrespondenz mit namhaften Künstlern aus West und Ost. Die Schau würdigt den Brandenburger anlässlich seines 75. Geburtstages.

J.L. 1965
J.L. 1965 auf dem Hof seines Ateliers in der Bäckerstraße 30 // Photo privat J.L.

J.L. 1965
Jürgen Lutzens im Jahr 2017 // Photo © Jan Beumelburg

1941 in Brandenburg an der Havel geboren
1955 - 58 privater Zeichen- und Malunterricht bei den Schwestern Lucie und Hertha Bielefeld
  nach der 10. Klasse Ausbildung zum Gebrauchswerber
  im Beruf bis 1965 tätig, anschließend Lehrausbilder
1960/61 Ausstellung (mit Peter Schulz) im Fontane-Klub
  Begegnung mit dem Brandenburger Maler Curt Ehrhadt (1895 – 1972), die zu einem engen freundschaftlichen Verhältnis führen sollte
1962 Beginn der intensiven Korrespondenz mit Künstlern der Bundesrepublik, der DDR und des westlichen Auslands
ab 1962 Regelmäßige Besuche ausgewählter Künstlerateliers in Halle (Saale) und Dresden, später in Leipzig und anderenorts
1964 Einzelausstellung in der Volksbuchhandlung, Steinstraße in Brandenburg
1965 mehrmalige Konsultationen bei Willi Sitte in dessen Atelierwohnung
1967 - 72 freischaffend als Werbe- und Ausstellungsgraphiker (Messegraphik in Leipzig) und Maler tätig
1972 schwere Nervenkrise, welche die bildnerische Arbeit für viele Jahre ruhen lässt
1985 (nach viermaligem Anlauf) Aufnahme als Kandidat in den Künstlerverband (VBK/DDR)
1988 Verweigerung der Mitgliedschaft, sowohl durch den Bezirksverband in Potsdam als auch 1989 durch den Zentralvorstand in Berlin
  Seither wurde die künstlerische Arbeit eingestellt, zugleich die eigene, über Jahrzehnte gediehene Kunstsammlung weitestgehend aufgelöst.
1990 Verlust der Atelierwohnung Altstädtischer Markt 4
2008 eine schwere Krebserkrankung wird diagnostiziert

Abschied vom Sommer
Abschied vom Sommer 37 x 50,5cm Öl auf Hartfaser 1969-70

Besucherinfo
Stadtmuseum im Frey-Haus
Ritterstraße 96
14770 Brandenburg an der Havel
Anfahrtsplanung »
Tel.: 03381 584501

Öffnungszeiten
Di - So 13 - 17 Uhr

Eintrittspreise
Erwachsene 3,00 EUR - ermäßigt 1,50 EUR - Kinder frei - Gruppen Erwachsene (ab 10 Personen) 2,00 EUR - Familienkarte (bis 2 Erwachsene + Kinder) 5,00 EUR

Kurator dieser Ausstellung ist der Künstler Jan Beumelburg aus Brandenburg an der Havel.

Zur Ausstellung erschient ein begleitender Katalog.



Repros © Jan Beumelburg


Ohne Erinnerung entsteht kein Geschichtsbewusstsein, keine Wissenschaft, keine Kunst. Wenn in Vergessenheit sinkt, welche Bedingungen Kunst hervorbrachten, tappt die spätere Generation bei der Rezeption im Dunkeln.

Prof. Dr. Peter Arlt im Katalogtext zur Ausstellung

Neujahrsgruß von Meret La Roche-Oppenheim
Neujahrsgruß 1974 von Meret La Roche-Oppenheim an Jürgen Lurtzens

(persönliche Begegnungen mit *)

Curt Ehrhardt (1895-1972)* 1961/66-1972
Dr. Hans Egon Holthusen (1913-1997) 1964-1972
Gustav René Hocke (1908-1985) 1975-1976
Werner Haftmann (1912-1999) 1963-1967
Will Grohmann (1887-1968) 1962-1967
Gerhard Altenbourg (1926-1989)* 1965-1971
Hans Jüchser (1894-1977)* 1965-1974
Ernst Hassebrauk (1905-1974)* 1965-1966
Helmut Schmidt-Kirstein (1909-1985)* 1963-1982
Ernst Lewinger (1931-2015)* 1972-2008
Hermann Naumann (1930)* 1965-2010
Otto Möhwald (1933-2016)* 1964-1966; 2003
Peter Rohn (1934)* seit 1963
Meret Oppenheim (1913-1985) 1969-1979
Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976) 1962-1967
Erich Heckel (1883-1970) 1963
Heinz Trökes (1913-1997) 1964-1976
Mac Zimmermann (1912-1995) 1983; 1988
Paul Wunderlich (1927-2010) 1966-1973
Gisela Breitling (1939)* 1972-2009
Gerhard Marcks (1889-1981) 1963-1969; 1980
Wilhelm Loth (1920-1993) 1969-1987
Rolf Szymanski (1928-2013)* 1972; 1979; 1981
Lothar Fischer (1933-2003)* 1969-1988
Helene Rohlfs (1892-1990)* 1962-1976
Tut Schlemmer (1890-1987) 1963-1974
Georg Muche (1895-1987) 1963-1974
Paul Eliasberg (1907-1983) 1967
Bernard Schultze (1915-2005)* 1966-1988
URSULA (1921-1999)* 1966-1988
Emil Schumacher (1912-1999) 1962-1966

Die "Künstlerpost" ist noch größtenteils in den Händen von Jürgen Lutzens. Besonders glücklich war J. L., wenn die Künstlerbriefe handgeschrieben bei ihm eintrafen, ebenso wie er seine Briefe mit der Hand schrieb. In dem Kommunikationsprozess zwischen Jürgen Lutzens und vielen Künstlern aus Ost und West und deren Partnerinnen blühte mit wunderbaren Gedanken eine Kultur auf, die zwar in der Zeit zerronnen, doch in Briefen geronnen, immer noch greifbar ist und als Vorbild eingehen sollte in die Kunstgeschichtsschreibung und in die Geschichte der Stadt Brandenburg. Bei Lutzens sammeln sich ungezählte Briefschaften, die zu einem großen persönlichen Archiv zusammengefasst, über so viele Persönlichkeiten Auskunft geben könnten. Wenige Briefe fehlen, weil in ihnen brisante Passagen waren. J. L. hat sie aus Angst vor der Staatsgewalt verbrannt, damit sie nicht bei einer Durchsuchung gefunden werden können, wie ein Brief von Erhard Kästner, aus dem sich J. L. diesen Satz eingeprägt hat: "Moderne Kunst müssen Diktaturen geradezu hassen, sonst flögen sie auf." [aus dem Katalog von Prof. Dr. Peter Arlt]

Und so hatte die Staatssicherheit der DDR zwar die Post an J.L. stets abgefangen und gelesen, dann jedoch immer dem Adressaten zugestellt. Offensichtlich konnten Sie mit den Beiträgen zu ost- und westdeutscher Kunst nichts anfangen.

Veranstalter der Ausstellung: Stadt Brandenburg an der Havel // Die Oberbürgermeisterin // Fachbereich Kultur // Stadtmuseum im Frey-Haus
28. April bis 11. Juni 2017 // Stadtmuseum im Frey-Haus // Ritterstraße 96 // 14770 Brandenburg an der Havel // 03381 584500 // www.stadtmuseum-brandenburg.de