Der Maler und Briefschreiber Jürgen Lutzens, 1941 in Brandenburg an der Havel geboren, arbeitete als Werbe- und Ausstellungsgrafiker. Künstlerisch bildete er sich als Autodidakt, indem er u. a. von ihm geschätzte Hallenser und Dresdner Maler in ihren Ateliers konsultierte.
Lutzens lyrische Brandenburger Landschaften zeigen in der Ausstellung im Stadtmuseum im Frey-Haus, wie er im Gefolge der halleschen Künstler zwischen Abstraktion und Realismus, in der Zeit zwischen 1965 und 70, ein Brandenburger Verwandter der halleschen Schule geworden ist. Bei den späteren kurvenreichen erotischen Frauendarstellungen huldigt J. L. die Weiblichkeit und formt die Frau als Ikone, angeregt von den jungsteinzeitlichen Idolen, der Aphrodite-Kallipygos, der römischen Leda von hinten bis zu modernen Zeugnissen. Obwohl seine Arbeiten Professionalität besitzen, wurde ihm die Aufnahme in den Verband Bildender Künstler der DDR mehrmals verweigert. Die Ausstellung vereint 15 Ölbilder und über 30 Zeichnungen aus dem Zeitraum von 1965 bis 1990 und gibt Einblick in Lutzens einstige Korrespondenz mit namhaften Künstlern aus West und Ost. Die Schau würdigt den Brandenburger anlässlich seines 75. Geburtstages.
1941 | in Brandenburg an der Havel geboren |
1955 - 58 | privater Zeichen- und Malunterricht bei den Schwestern Lucie und Hertha Bielefeld |
nach der 10. Klasse Ausbildung zum Gebrauchswerber | |
im Beruf bis 1965 tätig, anschließend Lehrausbilder | |
1960/61 | Ausstellung (mit Peter Schulz) im Fontane-Klub |
Begegnung mit dem Brandenburger Maler Curt Ehrhadt (1895 – 1972), die zu einem engen freundschaftlichen Verhältnis führen sollte | |
1962 | Beginn der intensiven Korrespondenz mit Künstlern der Bundesrepublik, der DDR und des westlichen Auslands |
ab 1962 | Regelmäßige Besuche ausgewählter Künstlerateliers in Halle (Saale) und Dresden, später in Leipzig und anderenorts |
1964 | Einzelausstellung in der Volksbuchhandlung, Steinstraße in Brandenburg |
1965 | mehrmalige Konsultationen bei Willi Sitte in dessen Atelierwohnung |
1967 - 72 | freischaffend als Werbe- und Ausstellungsgraphiker (Messegraphik in Leipzig) und Maler tätig |
1972 | schwere Nervenkrise, welche die bildnerische Arbeit für viele Jahre ruhen lässt |
1985 | (nach viermaligem Anlauf) Aufnahme als Kandidat in den Künstlerverband (VBK/DDR) |
1988 | Verweigerung der Mitgliedschaft, sowohl durch den Bezirksverband in Potsdam als auch 1989 durch den Zentralvorstand in Berlin |
Seither wurde die künstlerische Arbeit eingestellt, zugleich die eigene, über Jahrzehnte gediehene Kunstsammlung weitestgehend aufgelöst. | |
1990 | Verlust der Atelierwohnung Altstädtischer Markt 4 |
2008 | eine schwere Krebserkrankung wird diagnostiziert |
Besucherinfo
Stadtmuseum im Frey-Haus
Ritterstraße 96
14770 Brandenburg an der Havel
Anfahrtsplanung »
Tel.: 03381 584501
Öffnungszeiten
Di - So 13 - 17 Uhr
Eintrittspreise
Erwachsene 3,00 EUR - ermäßigt 1,50 EUR - Kinder frei - Gruppen Erwachsene (ab 10 Personen) 2,00 EUR - Familienkarte (bis 2 Erwachsene + Kinder) 5,00 EUR
Kurator dieser Ausstellung ist der Künstler Jan Beumelburg aus Brandenburg an der Havel.
Zur Ausstellung erschient ein begleitender Katalog.
Ohne Erinnerung entsteht kein Geschichtsbewusstsein, keine Wissenschaft, keine Kunst. Wenn in Vergessenheit sinkt, welche Bedingungen Kunst hervorbrachten, tappt die spätere Generation bei der Rezeption im Dunkeln.
Prof. Dr. Peter Arlt im Katalogtext zur Ausstellung
(persönliche Begegnungen mit *)
Curt Ehrhardt (1895-1972)* | 1961/66-1972 |
Dr. Hans Egon Holthusen (1913-1997) | 1964-1972 |
Gustav René Hocke (1908-1985) | 1975-1976 |
Werner Haftmann (1912-1999) | 1963-1967 |
Will Grohmann (1887-1968) | 1962-1967 |
Gerhard Altenbourg (1926-1989)* | 1965-1971 |
Hans Jüchser (1894-1977)* | 1965-1974 |
Ernst Hassebrauk (1905-1974)* | 1965-1966 |
Helmut Schmidt-Kirstein (1909-1985)* | 1963-1982 |
Ernst Lewinger (1931-2015)* | 1972-2008 |
Hermann Naumann (1930)* | 1965-2010 |
Otto Möhwald (1933-2016)* | 1964-1966; 2003 |
Peter Rohn (1934)* | seit 1963 |
Meret Oppenheim (1913-1985) | 1969-1979 |
Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976) | 1962-1967 |
Erich Heckel (1883-1970) | 1963 |
Heinz Trökes (1913-1997) | 1964-1976 |
Mac Zimmermann (1912-1995) | 1983; 1988 |
Paul Wunderlich (1927-2010) | 1966-1973 |
Gisela Breitling (1939)* | 1972-2009 |
Gerhard Marcks (1889-1981) | 1963-1969; 1980 |
Wilhelm Loth (1920-1993) | 1969-1987 |
Rolf Szymanski (1928-2013)* | 1972; 1979; 1981 |
Lothar Fischer (1933-2003)* | 1969-1988 |
Helene Rohlfs (1892-1990)* | 1962-1976 |
Tut Schlemmer (1890-1987) | 1963-1974 |
Georg Muche (1895-1987) | 1963-1974 |
Paul Eliasberg (1907-1983) | 1967 |
Bernard Schultze (1915-2005)* | 1966-1988 |
URSULA (1921-1999)* | 1966-1988 |
Emil Schumacher (1912-1999) | 1962-1966 |
Die "Künstlerpost" ist noch größtenteils in den Händen von Jürgen Lutzens. Besonders glücklich war J. L., wenn die Künstlerbriefe handgeschrieben bei ihm eintrafen, ebenso wie er seine Briefe mit der Hand schrieb. In dem Kommunikationsprozess zwischen Jürgen Lutzens und vielen Künstlern aus Ost und West und deren Partnerinnen blühte mit wunderbaren Gedanken eine Kultur auf, die zwar in der Zeit zerronnen, doch in Briefen geronnen, immer noch greifbar ist und als Vorbild eingehen sollte in die Kunstgeschichtsschreibung und in die Geschichte der Stadt Brandenburg. Bei Lutzens sammeln sich ungezählte Briefschaften, die zu einem großen persönlichen Archiv zusammengefasst, über so viele Persönlichkeiten Auskunft geben könnten. Wenige Briefe fehlen, weil in ihnen brisante Passagen waren. J. L. hat sie aus Angst vor der Staatsgewalt verbrannt, damit sie nicht bei einer Durchsuchung gefunden werden können, wie ein Brief von Erhard Kästner, aus dem sich J. L. diesen Satz eingeprägt hat: "Moderne Kunst müssen Diktaturen geradezu hassen, sonst flögen sie auf." [aus dem Katalog von Prof. Dr. Peter Arlt]
Und so hatte die Staatssicherheit der DDR zwar die Post an J.L. stets abgefangen und gelesen, dann jedoch immer dem Adressaten zugestellt. Offensichtlich konnten Sie mit den Beiträgen zu ost- und westdeutscher Kunst nichts anfangen.
Veranstalter der Ausstellung: Stadt Brandenburg an der Havel // Die Oberbürgermeisterin // Fachbereich Kultur // Stadtmuseum im Frey-Haus
28. April bis 11. Juni 2017 // Stadtmuseum im Frey-Haus // Ritterstraße 96 // 14770 Brandenburg an der Havel // 03381 584500 // www.stadtmuseum-brandenburg.de